Die Brunnenmisere

Echte Brunnen Wasserzapfstellen
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vor langer Zeit

Wie schon bei der Geschichte des Lennepebachs kurz beschrieben, wird dieser Bach lediglich bei Anlage der Siedlung Lennep und kurze Zeit danach als Trinkwasserlieferant gedient haben. Das Wasser zum menschlichen Genuß lieferten im Mittelalter zahlreiche Brunnen und später Pumpen.
Lennep war eine Tuchmacherstadt, und daß Wasser für Textilzwecke kam sicherlich nicht aus dem in der Altstadt stark verschmutzten Lennepebach.

ab 1800

Der Stadtbrand im Jahre 1746 vernichtete alle Unterlagen über eine Trinkwasserversorgung im Mittelalter. Erst vom Anfang des vorigen Jahrhunderts tauchen Akten über Brunnen und Pumpen in der alten Bergischen Hauptstadt auf.

1818

Damals ließ der Landrat Heÿdweiller feststellen, ob von den Brunnen in der Stadt eine Gefahr ausging. Was bedeutet Gefahr? Eigentlich sollte jeder denken, mit einer Gefährdung sei mangelnde Hygiene gemeint. Nein, der Landrat wollte wissen, ob ein Geländer oder eine Abdeckung vorhanden war. Fast 60 Brunnen sind in der Liste verzeichnet, die nicht ordnungsgemäß gesichert waren. Die privaten Besitzer mußten unter Androhung von Strafe binnen kürzester Zeit für Abhilfe schaffen. Man sollte fast glauben, der Landrat nahm es mit der Sauberkeit des Trinkwassers nicht so genau.

Wasserdiebe

Manche Brunnen und Pumpen, die von außen zugänglich waren, konnten abgeschlossen werden. Es soll trotzdem vorgekommen sein, daß bei großer Dürre öffentliche Brunnen von auswärtigen Leuten des Nachts mit Pferd und Wagen aufgesucht worden sind. In diesen Notzeiten spürten diese dunkle Gestalten unverschlossene Wasserstellen auf, um ihre Eimer, Schläuche und andere Behälter zu füllen. Es war die Aufgabe der Nachtwächter und Polizeidiener, solche Wasserdiebe zu stellen und an ihrem schändlichem Treiben zu hindern.

1849

So gab es 1849 in Lennep eine Choleraepidemie, dessen Ursache in einem verseuchten Brunnen zu suchen war. In einen Teich nördlich der Klosterkirche flossen ungehindert Fäkalien der umliegenden Häuser und dieses Abwasser sickerte in einen tiefergelegenen Brunnen. Zwar wurde schnellstens Abhilfe geschaffen, aber nicht schnell genug, es gab 211 Tote.

1881

Noch kurz vor dem Bau einer "modernen" Wasserversorgung sind 1881 von einem Kölner Chemiker-Team 30 Brunnen in der Altstadt untersucht worden. Das Ergebnis war niederschmetternd, nur 11 Brunnen waren so sauber, daß ihr Wasser unbedenklich genossen werden konnte.

1882

Eine weitere Nachricht über die Wasserqualität hinterläßt der bekannte Lenneper Baumeister Albert Schmidt: " In dem niederschlagsreichen Jahr 1882 hatten sich in einigen Stadtteilen Lenneps typhöse Krankheiten leichterer Art entwickelt, die darauf hinweisen konnten, daß das Wasser vieler Brunnen verseucht war." Durch den vielen Regen waren Dungstoffe in die Brunnen gespült worden. Weiterhin waren die Besitzer der Abortgruben so clever, ihre Fäkalien durch Überlaufrohre aus den Gruben in die undichten Kanäle zu leiten und so die Ausfahrgebühren zu sparen.

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Peter Dominick 2004

Echte Brunnen

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Lagerbücher

Bei den öffentlichen Trinkwasserzapfstellen müssen zuerst einmal die Lenneper Lagerbücher herhalten. Zwei dieser Lagerbücher (von 1826 und 1860) befinden sich heute im Stadtarchiv Remscheid. In ihnen sind die ältesten Nachrichten über die städtischen Pumpen aufgeschrieben. Allerdings besaßen nur die wenigsten städtischen Brunnen zu Anfang des 19. Jahrhunderts eine eigene Quelle in der Stadt.
Es gab außer den öffentlichen Brunnen noch ca. 80 weitere private Brunnen in der Stadt, über die es fast keine Informationen mehr gibt.

Die dicke Pumpe

So speiste zum Beispiel das sogenannte Maypüttchen an der Gabelung Wetterauer/Kölner Straße die "Dicke Pumpe". 1821 bohrten die Mitarbeiter einer Brunnenbaufirma eine neue Quelle an. Eine einfache Saugpumpe stand danach schmucklos auf einem Hausteinpfeiler.
Fünf Jahre später - als bei einer großen Trockenheit die meisten anderen Wasserstellen in der Stadt versiegten - standen die Lenneper Bürger Schlange an der Dicken Pumpe, um wenigstens ihren nötigsten Wasserbedarf zu decken.

Die Hartcops-Pumpe

Die Hartcopspumpe an der alten Poststraße (heute "Am Gänsemarkt") besaß auch eine eigene Quelle. Am 14. Mai 1819 berichtete Bürgermeister Wille dem Landrat, " .... daß besagter Brunnen statt gutem Trinkwasser, ein trübes unsauberes zum Waschen und Trinken schädliches Wasser liefere, dessen schleunige Herstellung für das dortige Stadtviertel nur unbedingte Nothwendigkeit werde."

Das "Beecker Kümpgen"

Das "Beecker Kümpgen" lag vor einem Haus in der Berliner Straße, welches 1826 Peter Melchior Beecker gehörte. Eine Quelle im Pastoratsgarten lieferte das Wasser für das Kümpgen. Dieser Brunnen wird in dem zweiten Lagerbuch nicht mehr erwähnt, vermutlich war er um diese Zeit schon außer Betrieb.

Das Spielbergs-püttchen

Auch das Spielbergspüttchen am Wassertor kann man als echten Brunnen mit eigener Quelle bezeichnen. Heute wird man sicherlich in der Spielbergsgasse keine Spuren mehr von einer Wasserstelle finden. Und doch konnten die Bewohner der umliegenden Häuser ihren täglichen Bedarf decken. Sie brauchten nur ihren Eimer in einen der Tröge vollmachen. Damit keine Verunreinigungen in die Tröge gelangte, war nachts der gesamte Brunnen mit einer Tür verschlossen.

Die Pumpe im Sack

Wer sich schon einmal mit der älteren Lenneper Geschichte befaßt hat, der hat auch sicher schon mal etwas von der Pumpe im Sack gehört.
1807 existierte im Hause eines Arztes namens Moery ein Brunnen und lieferte genug Wasser für diese Pumpe. Später ist die Leitung zu der Sackpumpe am Munsterplatz verstopft und ein anderer Brunnen - im Sackermannschen Hause - mußte als Wasserlieferant herhalten.
Auf einem alten Plan ist eine Pumpe auf einem Ziegelsteinpfeiler eingezeichnet. Irgendwann danach ist Peter Rosin Eigentümer des Hauses mit dem Brunnen gewesen. Auf städtische Kosten wurde 1857 der Brunnen noch tiefer ausgegraben und eine neue Bleileitung zu der Pumpe am Ausgang der Sackgasse gelegt.
Der Heimatforscher Paul Windgassen berichtet, daß diese Wasserstelle erst 1916 beseitigt wurde.

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Peter Dominick 2004

Wasserzapfstellen

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Der große Kump

Eine der bekanntesten und ergiebigsten Wasserstellen der Altstadt war der "große Kump" auf dem Marktplatz

1817

Es gab sicherlich ein großes Geschrei, als 1817 der Große Kump kein Wasser mehr lieferte.
Der Zulauf dieser Zapfstelle kam aus dem Pörtzsches Teich und dort war alles in Ordnung. Das kostbare Naß verschwand irgendwo. Nach längerem Suchen stellte sich heraus, daß das Wasser auf einer Strecke von 160 Fuß in dem gemauertem Zuflußkanal versickerte.

Die Maßnahmen

Die neue Holzrinne sollte aus 3 Zoll dicken und 6 Zoll breiten Bohlen bestehen. Damit die Rinne wasserdicht ist, mußten die Bretter ineinander gefalzt sein. Zur weiteren Abdichtung erhielten Wände einen Anstrich mit Makulatur und dünner Farbe. Der Große Kump selber sollte eine neue "Wasserarche" (Ausfluß) aus Eisenblech erhalten. Daß das Wasser binnen vier Wochen wieder floß, war eine weitere Bedingung.

Der Verding

Am Morgen des 23. August wurde der Verding (öffentliche Ausschreibung) für die Arbeiten "durch Trommelschlag und Anschlagzettel gehörig bekannt gemacht" Die "Gantlustigen" Engelbert Sackermann, Isaac Müller, Joseph Klein, Caspar Sackermann und Christian Althoff unterboten sich gegenseitig. Christian Althoff bekam den Auftrag für 40 Silbergroschen pro Fuß.

Trinkwasser-stollen

In der Englinghauser Gasse (heute als Lüttringhauser Straße bekannt) trieben Arbeiter aus Lennep einen Stollen in den Berg und wurden pfündig. Der Stollen - er war mit Seitenarmen über 100 m lang - brachte reinstes Quellwasser.
Dieser Stollen bei der Englinghauser Gasse existiert immer noch. Neben der ehemaligen Villa Mühlinghaus an der Lüttringhauser Straße - heute deutet ein "Tempo 30"- Schild auf einen Kindergarten in diesem Haus hin - deckt ein Kanaldeckel den Schacht zu dem Wasserstollen ab.

Die Brunnenstube

In der Brunnenstube über dem Stollen sorgte ein Gitter auf dem Ansaugstutzen dafür, daß "Ungeziefer (Kröten, Frösche oder Mäuse), die durch eine Zufälligkeit in die Brunnenstube und Stollen kommen können, der Wasserleitung fernbleiben."

Alte Maße

Eine weitere Quelle lieferte zusammen mit dem Stollen in jeder Minute "49 Quart" bestes Trinkwasser. Diese 49 Quart pro Minute waren ungefähr 80 m³ pro Tag. Für 4000 Leute in der Mitte der Altstadt sollte das Wasser reichen, das sind jeden Tag 20 Liter pro Person.

Bleikitt und "Schwerspaht-pulver"

Eine "Röhrenleithung aus Thon" sollte daß Wasser aus beiden Vorkommen bis zum Berliner Hof bringen. An dieser Stelle war der Wasserdruck so stark, daß die Konstrukteure befürchteten, die Tonröhren könnten platzen. Aus diesem Grunde planten sie ab dieser Stelle bis zum Markt gußeiserne Leitungsrohre.
Die Rohrenden wurden mit Hanf umwickelt und in frischen Talg getaucht. Die Arbeiter mußten das Ende des ersten Rohres mit einer Mischung aus "Steinkohlentheer, Schwefel, Talg und Quarzmehl oder Schwerspahtpulver" in den verdickten Anfang des nächsten Rohres kleben. "Bei gußeisernen Röhren bedient man sich auch dem Kitte des Bleies, welches ein sicheres Mittel ist, die Fugen der ineinander gesteckten gußeisernen Röhren durch eingegossenes Blei zu dichten" schrieb die Anleitung vor.

Die Fontäne

Die gesamte Leitung führte unterirdisch bis zum Ausfluß am Markt. Wie aus einem Kostenvoranschlag für 2800 Reichsthaler ersichtlich ist, sollte zum ersten die eigentliche gußeiserne Wasserzapfstelle aus einem Springbrunnen bestehen, der in einem eisernen Becken stand. Ein geplanter Obelisk in einem Wasserbecken aus Hausteinen und auch die Gußsäule sollte mehrere Wasserhähne erhalten.

1854

Nach fünfjähriger Bauzeit konnten sich die Lenneper an dem kostbaren Naß, was aus der Fontäne nun reichlich sprudelte, endlich erfreuen.
In dem Lagerbuch von 1860 ist weiter nachzulesen, daß das Gewicht der fast vier Meter hohen Springbrunnensäule aus Gußeisen über eine Tonne betrug.

Am Schwelmer Tor

Über einen kleinen Springbrunnen, der in der Nähe des Röntgenmuseums lag, soll noch berichtet werden.
Er erhielt durch eine Bleileitung sein Wasser aus einer Quelle an der Schwelmer Straße. Der Vorsteher Daniel Oelbermann vertrat auf der Stadtratsitzung vom 25. Juni 1801 die Ansicht, daß man an einem so wichtigen Eingang der Stadt etwas Vernünftiges hinstellen solle. Nicht einen einfachen Waschkump, sondern einen richtigen Springbrunnen. Diese Fontäne muß ein uriges Gebilde gewesen sein. ".... sie besteht aus einem 6 Fuß hohen einfachen Pfeiler aus Holz, in dessen Mitte ein Schnabel mit Feder=Kranen angebracht ist, durch welchen das Spritzwasser aus fließt" steht in dem alten Lagerbuch.

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Peter Dominick 2004